24 Stunden von Nortorf 2011

Die Wunden sind geleckt, der Muskelkater weicht und ich wollte Euch mal auf diesem Wege meine Erlebnisse beim 24-Stunden Rennen schildern.

 

Samstag 06:30 Uhr

Der Wecker brauchte nicht klingeln. Wie üblich war ich vor dem Klingeln wach und schlüpfte in meine bereitgestellten Radklamotten. Ein kurzes normales Frühstück und schon früh um 07:30 Uhr machte ich mich auf nach Nortorf, wo Ditmar bereits mit seinem Wohnmobil den Platz in Beschlag genommen hatte. Weithin sichtbar war das Banner des RBC zwischen 2 Bäumen aufgespannt.

Bereits hier fanden nette Gespräche statt. Nach und Nach kamen die anderen Teilnehmer zum „Teamwagen“ und tauschten die eine oder andere Theorie für die nächsten 24 Stunden aus. Auch hier sollte es sich zeigen, dass es meistens anders kommt als man denkt. Phil und ich bauten uns in der Sporthalle ein kleines Schlaflager auf. Halt für alle Fälle, falls unsere Kräfte für ein Durchfahren nicht ausreichen.

09:30 Uhr

Das gesamte Fahrerlager des RBC stand geschlossen am Start. Ursprünglich war vorgesehen, mindestens die erste Runde gemeinsam zu fahren (Ursprünglich). Zunächst fuhr das gesamte Feld gemeinsam zur VR Bank. Von dort aus wurde das gesamte Fahrerfeld gestartet. Schon nach einem Kilometer Richtung Gnutz war Dieter verschwunden. Er wollte direkt einmal einige Runden fahren bevor er aussteigen musste um zum Tennis zu fahren. Phil und ich fuhren erst einmal bei der Gruppe mit, die sich um uns herum bildetet. Mit einem lockeren Durchschnitt von 31km/h fuhren wir durchs Ziel und ließen uns auscannen. Gleich wieder einscannen und weiter geht die fahrt.

Im Hinterkopf hatten wir ständig die Ermahnung der anderen Vereinsmitglieder, die schon Erfahrungen mit längeren Distanzen hatten, das „Rennen“ nicht zu schnell anzugehen. Aber irgendwie lief es von Runde zu Runde gleich gut.

10:30 Uhr – ca. 23:00 Uhr

Fast schon wie ein Uhrwerk fuhren wir die nächsten 10 Runden mit einem Schnitt von 29 km/h. Unsere Taktik war es, nach jeder Runde nur eine kurze „Pinkel,-Fress,-Beinstreckpause zu machen und dann weiterzufahren. Jede Runde wurde von Phil oder von mir über die gesamte Runde komplett geführt. Der jeweils andere hat sich im Windschatten (Davon haben wir ja genug wir Ihr ja wisst) des anderen ausgeruht.

Zwischendrin hatten wir dann mal eine längere Pause von 30 Minuten gemacht. Uns ging es aber immer noch verdammt gut.

Ca. 23:00 – 01:00 Uhr

Die bisherigen Runden waren davon geprägt das wir entweder alleine fuhren oder aber sich Einige an uns hängten, ohne sich an der Führungsarbeit zu beteiligen. Erst in der 12. Runde fanden wir mal eine Gruppe von ca. 15 Fahrern, mit dem wir einen schönen Kreisel wie im Training fahren konnten. Da dieses Gruppe auf eine weitere Runde gehen wollte blieben wir dran und fuhren auf die nun 3. Runde ohne Pause. Richtung Gnutz verlor Phil einen wichtigen Gegenstand worauf wir kurz anhalten mussten, um in der Dunkelheit diesen wiederzusuchen. Dies dauerte ca. 4 Minuten, was bedeutet, das die schöne Gruppe, in der auch einige RBCler waren, weg war. Hochgerechnet war sie 2 km entschwunden. Im Nachhinein haben wir jetzt den entscheidenden Fehler gemacht. Wir machten uns auf, die Gruppe einzuholen. Phils garmin zeigte im Nachhinein eine Geschwindigkeit von 40 km/h an, (das nach ca. 380 km) so dass wir die Gruppe schon nach 10 km wieder eingeholt haben. Die Beine waren jetzt aber wie Pudding und es sollte sich zeigen, dass wir uns davon nicht wieder erholen. (Schön blöd). Nach dieser Runde machten wir erst mal eine Pause von ca. 45 Minuten.

Noch 5 Runden bis zum gesetzten Ziel.

Die Beine werden schwer, wir kommen gar nicht so richtig in Gange und jetzt: REGEN NEIN, nicht in dieser PHASE, Kotz Brech…….den Rest könnt Ihr euch vorstellen.

Dieter, der bereits in den beiden Runden vorher mitfuhr, gesellte sich erneut zu uns. Zu Dritt gingen wir in die Runde. Immer wieder mussten wir Ihn ermahnen nicht zu schnell zu fahren. Unser Durchschnitt sank auf ca. 25- 26 km/h. Zu Beginn lösten wir uns noch in der Führungsarbeit ab. Ab der Mitte dieser Runde fuhr Dieter alleine vorweg, der auf mich noch einen richtig frischen Eindruck machte. Ohne Tennis wäre er sicherlich 19 oder 20 Runden gefahren, mindestens aber die ganze Zeit mit uns.

Die Nortorfer hatten alles wirklich perfekt organisiert. Auch gab es eine große Halle wo man dinieren konnte. Nichts für die Einzelfahrer. 2 Mal habe ich ein wenig von den Nudel gegessen. Mehr bekam ich nicht runter. Immer wieder eine Banane mitgenommen. Mehr war nicht drin. Ansonsten ernährten wir uns von den selbst mitgebrachten Powerriegeln und süßen Gels.  Wer schon mal diese Riegel gegessen hat, sie kleben im Mund und werden von mal zu mal ekliger. In den letzten Runden wurde mir schon richtig schlecht davon aber ohne ging auch nicht.

Nach der Runde 14 machten wir wieder eine längere Pause von 30 Minuten. Dieter zog direkt weiter um einsam seine nächste Runde zu drehen.

Noch 4 Runden es ist ca. 03:00 Uhr es regnet….mir ist kalt….ich will nicht mehr….was mach ich hier überhaupt…..wem will ich was beweisen…… SCHWEINEHUND HALTS MAUL….wir fahren weiter.

 

Mühsam fuhren wir diese und auch die nächste Runde ab. Mit gefühlten 20 km/h quälten wir uns die Strecke entlang. Die Arme und die Hände schmerzten. Meine Handballen brannten. Mein Nacken machte mich deart zu schaffen, dass ich wirklich ans aufhören dachte. Phil bekam fast einen Krampf im rechten Oberschenkel. Die beiden kleinen Hügel um Heinkenborstel, die wir vorher immer mit ca. 23 km/h hinauffuhren wurden so mit ca. 13 km/h bewältigt. Wir konnten / wollten kein Druck mehr aufs Pedal bringen.

Erstaunt war ich über die Herzfrequenz. Der Körper war völlig fertig aber der Puls lag in dieser Phase immer so bei 110 Schläge.

Ca. 05:50 Uhr der Regen wurde weniger noch 2 Runden… noch 5 Stunden

Sollte sich jetzt ein wenig Euphorie breit machen? Glücksgefühle/ die Leichtigkeit des Seins spüren neeeee.. Alles schmerzte man quält sich. Trotzdem ging diese vorletzte Runde relativ gut. Phil erholte sich ein wenig von seinem Krampf sah aber um 10 Jahre gealtert aus. Mir ging es nicht anderes. Die Runde wurde mehr im stehen als im sitzen verbracht. Wenn man saß richtete man sich auf. Sehen so Rennradfahrer aus?

LETZTE RUNDE ( 486 km)

Man sagt, dass die letzte Runde am besten läuft. Nicht aber bei uns. Die letzte Runde war die Qual schlechthin. Trotzdem verabschiedeten wir jede Stelle mit den Worten ….“Zum letzten mal dieser Anstieg… Zum letzten mal diese Kopfsteinflaster… und auch zum letzten Mal an unserem Bananenschalenhaufen vorbei. Wir hatten uns nämlich einen Spaß daraus gemacht, immer an der gleichen Stelle eine Banane zu essen und sie dort hinzuwerfen. Dies gelang natürlich nicht immer. 🙂

Zieleinlauf JUHU 504 km gefahren geschafft. Kein Meter mehr weiter. Begrüßt wurden wir durch die mit angereisten und mitgefahrenen RBCler. Diese saßen alle auf ihren Rädern??????? Schöner Empfang!!!!!!!!. „KOMM WIR WOLLEN NOCH EINE GEMEINSAME ABSCHLUSSRUNDE FAHREN“   Ich hatte nur eine große Leere in meinem Kopf. Da bereitet man sich emotional darauf vor und motiviert sich nur, um endlich diese letzte Runde zu fahren und jetzt noch eine Abschlussrunde. Das hört sich so banal an. Auch die Außenwirkung wäre super gewesen. Aber ganz ehrlich ich konnte einfach nicht mehr. In nachhinein glaube ich, das meine Absage zum fahren nicht gerade freundlich rüberkam. Sollte es so gewesen sein, dann entschuldige ich mich auch dafür. Aber ich glaube ihr hattet Verständnis dafür.

Fahrzeit:

22h00m  Brutto

18h26m Netto

27,2 km/h im Schnitt

504 km

 

Es ist schön dass man so etwas gemacht hat, aber ich würde so etwas nicht wieder machen. Beim nächsten Mal sind wir natürlich wieder dabei. Phil und ich werden dann aber ein 2er Team bilden und mindestens 24  Runden fahren. Dazwischen hat man Zeit mit den anderen RBClern und anderen Mitstreiteren zu kommunizieren. Dies kam hier viel zu kurz bzw. fand gar nicht statt. Unser Fahrerlager kam gar nicht so richtig zu Geltung, da meistens keiner da war.